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Künstliche Intelligenz Veranstaltung

KI.NRW-Jahrestagung 2025: KI und Kohle

Von der Kohle zu Künstlicher Intelligenz zur „Kohle“: So begrüßte Dr. Christian Temath, der Geschäftsführer von KI.NRW, die rund 250 Gäste der diesjährigen Jahrestagung am 01. Oktober 2025 in Bonn. Der Beitrag bietet einen Überblick und ausgewählte Inhalte der Veranstaltung – sowie ein Fazit zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz in Unternehmen.

Grußwort

Moderiert von Wirtschaftsjournalistin Katja Scherer stimmte Christian Temath um 14 Uhr mit seiner kreativen Animation auf das abwechslungsreiche und spannende Programm des diesjährigen KI.Forum.NRW in den Design Offices Bonn ein – und brachte gleichzeitig das Ziel der Plattform KI.NRW prägnant auf den Punkt.

Dr. Christian Temath und Katja Scherer | Foto: Stefan Klemens

Denn ausgehend und Basis für Künstliche Intelligenz in Nordrhein-Westfalen sind vor allem dessen Herkunft als wichtigster Industriestandort Deutschlands. Diese Erfahrungen und das Wissen der Unternehmen und ihrer Mitarbeitenden, und vor allem: deren Industrie- und Produktionsdaten, weisen den Weg, um aus der Nutzung von KI wieder „Kohle“ zu machen: Also Geld durch weniger Kosten und eine höhere Produktivität.

Keynote

Stefan Mesken, Chief Scientist von DeepL, knüpfte nahtlos daran an, als er den Weg des Kölner Unternehmens an die Weltspitze von den Anfängen 2017 mit wenigen Mitarbeitern bis heute mit über 1.000 Beschäftigten beschrieb.

Das Erfolgsrezept dafür: Ständige, jährliche Innovationen und Verbesserungen rund um ihre Sprachtechnologie (2025: DeepL Voice und DeepL Agent) durch eine klare Zielsetzung (Grundlagenforschung, Technologie für Kundenlösungen, Feedback-Suche bei Kunden und Experten) und ihren Ansatz: Langfristiges Denken, Probleme als Möglichkeiten sehen und Veränderungen erwarten.

Stefan Mesken von DeepL bei seiner Keynote | Foto: Stefan Klemens

Nur so war der mutige Schritt möglich, den DeepL 2023 angesichts der rasanten Entwicklung der Large Language Modelle getrieben von ChatGPT und Open AI ging: Der Abschied von dem bisherigen und sehr spezifischen Modell als Grundlage seiner Sprachtechnologie und aller Dienste und Produkte (damals vor allem: Übersetzungen).

Dieser grundlegende Wechsel und die Entwicklung eines völlig neuen Sprachmodells, Language AI als die nächste KI-gesteuerte Generation, erforderte Mut, Geld und Zeit: Unter anderem erhebliche Investitionen in modernste Chips und Server-Infrastruktur sowie die Arbeitszeit von rund 80 Prozent der Beschäftigten mehrere Monate lang. Dies war jedoch notwendig und sichere den Platz vor den großen Mitbewerbern wie Google, denn „Technologie reife wie Vollmilch“, so Stefan Mesken.

Folie aus der Präsentation von Stefan Mesken | Foto: Stefan Klemens

Eindrucksvoll zeige sich diese „Alientechnologie“, wenn man die Dimensionen der Rechenzentren von 2015 mit denen der heutigen riesigen Hyperscaler vergleiche: Mit ihrem sehr hohem Flächen-, Strom- und Wasserverbrauch (für die Kühlung). Auch Architekturen und modernste Grafikprozessoren, wie die von DeepL genutzten und 2024 von Nvidia vorgestellten Blackwell GPU Chips mit ihrer enorm höheren Rechenleistung, zeigen den Unterschied zu 2015.

Für mich mit Fokus Human Resource Management (HRM), People Analytics und digitales Assessment und besonders interessant die Frage, die der Chief Scientist sich selbst stellte: Nach welchen Kriterien stelle er Mitarbeiter ein?

Zentral sei die Neugier eines Bewerbers ein Kundenproblem zu lösen – und kein Research Paper zu schreiben. Und die Nutzererfahrung zu fokussieren, z.B. eine schnelle, inhaltlich korrekte und flüssige Übersetzung – und weniger forschungsbezogene Benchmarks wie eine marginale Verbesserung (z.b. „Dein“ oder „dein“), die für den Kunden kaum relevant sei. Plus: Eine hohe Sicherheit für den Kunden und seine Daten gewährleisten – nachgewiesen auch durch externe und strenge Zertifizierungen.

Podiumsdiskussion 1

Die anschließende erste Podiumsdiskussion leitete Mark Klein, Chief Digital Officer der ERGO Group AG, mit einem starken Impulsvortrag ein. Sein Credo: KI bleibe natürlich, sei keine Blase und Deutschland solle nicht Perfektion anpeilen und abwarten, sondern wie die USA auch 80 % Leistungsfähigkeit von KI als Chance betrachten – und nicht wie manche bei uns, die über die Fehlenden 20 % meckern!

Mark Klein von der ERGO | Foto: Stefan Klemens

Die vielfältigen Beispiele seines Unternehmens zeigen, wie Prozesse erheblich schneller und genauer werden, z.B. die Verarbeitung von 60 Millionen Dokumenten jährlich durch maschinelles Lernen bei der Tochter DKV. Notwendig sei diese positive Einstellung – auch für unsere Kinder: Dass die Zukunft besser werde durch Technologie.

Paul Höller, Mark Klein, Katja Scherer, Dr. Frauke Goll und Christian Temath (links nach rechts) | Foto: Stefan Klemens

Diese Chancen und Herausforderungen von KI für Europa diskutierte Mark Klein anschließend mit Paul Höller vom NRW-Wirtschaftsministerium, Dr. Frauke Goll vom appliedAI Institute for Europe und Dr. Christian Temath. Ein wichtiger Punkt: Europa, Deutschland und NRW haben gute Voraussetzungen für die Anwendung von KI, u.a durch die vielen Talente und die ausgeprägte Bildungslandschaft – und durch die Kooperation europäischer Unternehmen.

Podiumsdiskussion 2

Das zweite Panel „Value add first: Wie sich nordrhein-westfälische Kernbranchen mit KI neu erfinden“ mit Claudia Pohlink (FIEGE Logistik), Margret Seeger (Rheinische Post Mediengruppe), Dr. Iris Heilmann (Palmer Hargreaves) und Dr. Olaf Maecker (Metro digital, METRO) diskutierte und erklärte, wie die KI-Implementierung in Unternehmen gelingt – auch mit eigenen „AI Divisions“, wenn die Ressourcen hierzu vorhanden sind oder, wenn nicht, auch durch das Lernen von Großunternehmen.

Praxisbeispiele

Nach der Kaffeepause erlebten die Teilnehmer drei inspirierende KI-Praxisbeispiele: Simon Sack (NEUROLOGIQ Engineering) und Nicol Otterbach (Elixis AG) beschrieben, wie thyssenkrupp Steel Europe durch KI die Feuerverzinkung von Stahl optimiert – und dadurch u.a. 90 Tonnen Zink spart und 500.000 Euro an Wertschöpfung liefert.

Nicole Otterbach von der Elixis AG | Foto: Stefan Klemens

Sandra Halscheidt (Fraunhofer IAIS) und Björn Dannenberg (MAN Truck & Bus SE) berichteten, wie MAN durch das Scannen der Lack-Oberfläche von LKW und der Fehlersuche durch KI Blechdellen frühzeitig und schnell erkannt werden. Die Folge: Die Qualitätssicherung werde beschleunigt und könne skaliert werden.

Björn Dannenberg von MAN | Foto: Stefan Klemens

Dr. Maximilian Brand (EDGITAL, Mutterunternehmen: Hochtief) und Simone Warckentin (Stadt Bergkamen) zeigten, wie Kameras an Müllwagen der Stadt Bergkamen den Straßenzustand in Echtzeit dokumentieren – und KI aus den Bildern Schäden erfasst und bewertet – was die Planung und Durchführung von Reparaturen inklusive Prioritätensetzung deutlich erleichtere.

Abschluss

Wo steht KI im Jahr 2030?

Welche Trends und Entwicklungen sehen wir? Antworten hierzu gab Prof. Dr. Christian Bauckhage (Uni Bonn, Lamarr-Institut, u.a.) ab 18 Uhr, in dem er vor allem auf die exponentielle Entwicklung der Technologie hinwies (die viele Menschen nicht im Blick haben),

Das heißt, die mehr oder weniger jährliche Verdoppelung der Leistungsfähigkeit von KI – sowie die extremen Erfolge besonders von Googles DeepMind u.a. in der Genetik: Was zu wirklichen Vorteilen und Disruptionen in den Naturwissenschaften und der Produktforschung und -entwicklung führe. Mit möglichen KI-Agenten als die besseren Physiker, Chemiker, Biologen und Mathematiker.

Prof. Christian Bauckhage mit Moderatorin Katja Scherer | Foto: Stefan Klemens

Wahrscheinlich sei auch, so der Informatiker am Ende, dass KI-Agenten 2030 in sieben Stunden die Arbeit eines Menschen von einem Jahr erledigen werden; denn eigentlich haben wir nämlich noch kaum etwas gesehen, was auf uns zukomme. „Wie damit umgehen?“, so eine Frage an Christian Bauckhage – doch das wisse er nicht seine Antwort und sei eher die Aufgabe von Soziologen und Psychologen.

Schlusswort und Networking

Nach einem Schlusswort u.a. mit Dank an alle Beteiligten von Gastgeber Christian Temath klang der Abend entspannt aus beim Networking auf der 27. Etage in Rooftop-Bar (Panorama Lounge) des Design Offices Gebäudes mit spektakuläreren Aussichten über Bonn – sowie tollen Gesprächen, kühlen Getränken und kulinarischen Häppchen: Ganz menschlich fast ohne KI und Technik (z.B. für Fotos/Selfies und LinkedIn-Vernetzungen).

Blick über Bonn in nördliche Richtung von der 27. Etage des Design Offices Bonn | Foto: Stefan Klemens
Networking in der Rooftop-Lounge des Design Offices Bonn | Foto: Stefan Klemens

Mein Fazit

Die Angebote von KI.NRW sowie die Beiträge und die Beispiele aus Unternehmen machen deutlich, dass wir zielorientiert und mutig KI-Tools nutzen sollten – und uns auf unserer Stärken fokussieren müssen, um eigene erfolgreiche Anwendungen zu kreieren. Beispielsweise durch Nutzung von einzigartigen Industriedaten, den Unterstützungsangeboten (z.B. von WestAI) und die Zusammenarbeit zwischen Startups und größeren Unternehmen.

Der Autor | Foto: Stefan Klemens

Denn der „KI-Zug“ fährt immer schneller und daher ist es für NRW, Deutschland und Europa notwendig, auch im Führerhaus zu sitzen! Um im Bild von Christian Temath zu Beginn zu bleiben: Die Kohle selbst in das Feuer der Lok scheffeln. Die gescheiterte Transrapidtechnologie aus Deutschland ist hier ein mahnendes Negativbeispiel!

Doch DeepL aus Köln, Cognigy aus Düsseldorf, amberSearch aus Aachen sowie eine Reihe andere Unternehmen sind die vielbeschworenen „Leuchttürme“ der Künstlicher Intelligenz made in NRW. Wir können es doch. Seien wir mutig. Und fangen wir an (wenn bisher noch nicht oder nur zaghaft und zögerlich), ab sofort KI in Unternehmen und im Human Resource Management strategisch und systematisch zu nutzen!

Herzliche Grüße

Stefan Klemens

Quellen und weiterführende Links:

KI.NRW
https://www.kiforum.nrw/
https://www.ki.nrw

DeepL und Nvidias Blackwell Grafikprozessor
https://www.deepl.com/de/blog/next-gen-language-model
https://www.deepl.com/en/blog/deepl-dialogues-highlights
https://de.wikipedia.org/wiki/Blackwell_(Grafikprozessor)
https://www.cio.de/article/4043772/ki-trifft-rechenzentrum-was-muss-sich-aendern.html

Rechenzentren 2015 bis 2025
https://de.wikipedia.org/wiki/Rechenzentrum
https://www.purestorage.com/de/knowledge/what-is-a-hyperscaler.html